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Pilgerwesen im ChristentumPilgerwesen in LitauenJohannes Paul II. und Litauen



Hier wird Gottes Sohn seit Jahrhunderten verehrt.
Algirdo Kazlos fotografija

Die Ablasstradition

Die Ablasstradition von Šiluva reicht bis zum Anfang des XV. Jahrhunderts zurück. Nach hundert Jahren war das Ablassfest bereits so populär, daß sogar die protestantisierten Litauer aus Preußen bereit waren fast hundert Kilometer zum Ablass zu reisen. Als sich in der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts in Šiluva die Reformierten duchsetzten, verloren die Katholiken die Kirche und gleichzeitig endete damit auch die langjährige Tradition der Feier des Ablassfestes. Den Ablass begann man wieder zu feiern nachdem die Katholiken die kirchlichen Ländereien zurückbekamen. Die Menschen wurden von Šiluva angezogen nicht nur durch den Ablass selbst, sondern auch durch die sich immer mehr verbreitende Kunde über die hier geschehene Marienerscheinung und das in der Kirche hängende und sich seit dem Jahr 1622 durch seine Gebetserhörungen auszeichnende Bildnis der allerheiligsten Jungfrau Maria mit dem Jesuskind.

Schon seit dem XVI. Jahrhundert liebten es die Pilger in Wallfahrten nach Šiluva zu ziehen. Diese wurden oft von den Priestern der Pfarreien geleitet. Die Zöglinge des Kollegs von Kražiai zogen zum Abschluß des akademischen Jahres alle zusammen nach Šiluva, um der Gottesmutter zu danken. Nach dem Jahre 1866, als während des Ablassfestes , an dem mehr als 40 000 Menschen teilnahmen, der hundertste Jahrestag der Krönung des Gnadenbilds begangen wurde, verboten die zaristischen Machthaber jegliche Prozessionen und dieses Verbot dauerte bis zum Jahre 1905 an. Das hielt aber die Menschen nicht von Šiluva fern. Die ersten Pfarreiprozessionen zu dem Ablassfest in Šiluva wurden im Jahre 1906 erneuert. Sie zogen 50 000 Wallfahrer an.

Zur Zeit des unabhängigen Litauen pilgerte man organisiert nach Šiluva nicht nur aus den Pfarreien der Umgebung, sondern auch aus Kaunas. Zum Ablassfest in Šiluva versammelten sich bis zu 100 000 Wallfahrer. Seit dem Jahre 1933 begann man zum Ablassfest in Šiluva religiöse Kongresse durchzuführen.

Die Tradition des Ablasses von Šiluva riß auch in der Zeit der sowjetischen Okkupation nicht ab. Anfangs versuchte man den Ablass zu Maria Geburt in der Presse zu verhöhnen.Seit dem Jahre 1960 begann man unter Zuhilfenahme der Miliz die Wallfahrer daran zu hindern, hier-her zu kommen. Die Miliz sperrte die in das Städtchen führende Wege. Die Sowjetmacht bemühte sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln die zum Ablassfest ziehenden Wallfahrer zu zerstreuen oder zumindest einzuschüchtern: manchen Chauffeuren wurde dei Fahrerlaubnis entzogen, man zwang Reisende zum Aussteigen und Ähnliches mehr. Einige der Organisatoren der Wallfahrten nach Šiluva wurden zu drei Jahren Freiheitsentzug verur-teilt. In den Jahren der Okkupation zog am letzten Sonntag des August die Jugend, besonders die Freunde der Eucharistie, in einer Prozession von Tytuvėnai nach Šiluva. Im Jahre 1975 nahmen an der Prozession 500 bis 600 Menschen teil, im Jahre 1976 – 600 bis 700, im Jahre 1977 – 800 bis 1 000.

Nachdem Litauen seine Unabhängigkeit wieder erlangt hatte, wurde der Ablass von Šiluva zu einem der wichtigsten Ereignisse des religiösen Lebens in Litauen. In den Jahren der Unab-hängigkeit beginnt alljährlich am 8. September die Ablassoktav der Geburt der allerheiligsten Jungfrau Maria. Vor dem großen Ablass zu Mariä Geburt ziehen am letzten Sonntag im August zwei Wallfahrtsprozessionen nach Šiluva: aus Richtung Raseiniai durch das Tal der Dubysa und aus dem Städtchen Tytuvėnai. Ebenfalls schon zur Tradition wurde der drei Tage dauernde Pilgerzug von jungen Wallfahrern und Soldaten mit dem litauischen Militärbischof an der Spitze vom Kreuzberg bei Šiauliai zum Ablass der Geburt Mariens. Während des Alasses wird in verschiedenen aktuellen Intentionen gebetet, werden Katechesen gehalten, religiöse Schauspiele und Konzerte aufgeführt. An den einzelnen Tagen des Ablasses beteiligen sich das Militär, die Polizei, Mediziner, kirchliche Angestellte, Familien, Kinder und Jugendliche sowie andere Gruppen von Wallfahrern.

Auch die in der freien Welt lebenden Litauer haben das Ablassfest in Šiluva nicht vergessen. Das erste Fest Maria Geburt wurde am 8. September 1947 im bayerischen Altötting gefeiert, das zweite – am 16. November 1947 im österreichischen Absam in Tirol. Der Ablass zu Maria Geburt wurde auch in litauischen Pfarreien in Argentinien, Uruguay und den USA gefeiert. Das 400. Jubiläum der Erscheinung und das aus diesem Grund durch Erzbischof Sigitas Tamkevičius ausgerufene Jahr der Gottesmutter von Šiluva wird in den Gemeinden der litauischen Emigranten ausgiebig gefeiert.

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